Öffentliche Führung: Schrecken der Industrie im Thurgau

Im 17. Jahrhundert verändert sich der Thurgau einschneidend. An den Gewässern entsteht die Textilindustrie. Bauerndörfer werden zu Manufaktursiedlungen umgestaltet und Erwerbstätige geraten in die Abhängigkeit der Unternehmer. Dies führt auch zur belastenden Ausbeutung von Landschaft und Menschen.

Die Kehrseiten der Industrialisierung kennen wir heute von Drittweltländern. Längst haben wir die Missstände aus unserem Blickfeld in die armen Regionen dieser Welt verbannt. Vor 200 Jahren jedoch gehören verschmutzte Gewässer, soziale Ungerechtigkeit und die Ausbeutung der Arbeiter auch im Thurgau zum Alltag. An der öffentlichen Führung vom Mittwoch, 11. Juli 2018, um 18 Uhr führt Historikerin Iris Hutter dem Publikum vor Augen, wie schmutzig die Anfänge der Thurgauer Industrie waren.

Verseuchte Natur, ausgenutzte Kinder

In der Hochphase der Industrialisierung im 19. Jahrhundert existieren in der Schweiz keine Gesetze zum Schutz der Umwelt. Im Thurgau fliessen Abwässer der Färbereien ungereinigt in die Gewässer, wegen der Rauch- und Geruchsemissionen wird die Textilindustrie möglichst ausserhalb des Siedlungsgebiets gehalten. Auch der Schutz der Arbeiterinnen und Arbeiter interessiert nur am Rande. Kinderarbeit ist weit verbreitet, Schule und Ausbildung wird als nebensächlich, ja sogar als störend wahrgenommen.

Existenzängste

Mit der Produktionssteigerung durch die Maschinen wächst zudem die Angst der Arbeiterschaft, von einer solchen ersetzt zu werden. Bedrohlich wirkt auch die Zuwanderung, die ab den 1880er-Jahren kontinuierlich zunimmt. Wie geht die Schweiz damit um? Welche Mittel ergreift auch der Thurgau im Kampf gegen die Missstände? Iris Hutter geht an der Führung diesen Fragen nach und skizziert, wie sich die hiesige Industrie entwickelt – vom 17. Jahrhundert bis heute. Zum Schluss der Führung nimmt Spinnexpertin Sibyll Boller die «Spinning Jenny» in Betrieb. Diese erste industrielle Spinnmaschine steht für den Fortschritt, ist gleichzeitig aber auch das Schreckgespenst der Erwerbstätigen in den Anfängen der Industrialisierung.

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Sonderausstellung «Schreck & Schraube. Weltindustrie im Thurgau» im Alten Zeughaus Frauenfeld statt. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht notwendig.

Im 19. Jahrhundert gehört der sorglose Umgang mit Giften in Thurgauer Färbereien zum Arbeitsalltag.
Im 19. Jahrhundert gehört der sorglose Umgang mit Giften in Thurgauer Färbereien zum Arbeitsalltag.

Veranstaltungsort

Altes Zeughaus
Zürcherstrasse  221
8500  Frauenfeld
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Tel. +41 58 345 73 80
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Historisches Museum Thurgau