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Archäologie Schweiz tagt in Frauenfeld

Am kommenden Freitag, 17. Juni 2022, tagt die Gesellschaft Archäologie Schweiz im Kanton Thurgau. Anlässlich dieser Veranstaltung sowie des Jubiläums 100 Jahre Archäologie im Kanton Thurgau entstand zudem das Sonderheft der Zeitschrift Archäologie Schweiz, das unter dem Titel «Kulturland – der Thurgau und seine Archäologie».

Nach 25 Jahren tagt die Gesellschaft Archäologie Schweiz am kommenden Freitag, 17. Juni 2022 wieder in Frauenfeld. Die Veranstaltung findet im Eisenwerk statt und beginnt um 9 Uhr mit einem Kolloquium zur Geschichte der Archäologie in der Schweiz. Am Abend findet um 17.30 Uhr die ordentliche Generalversammlung sowie um 18.45 Uhr ein öffentlicher Festvortrag der Thurgauer Historikerin Verena Rothenbühler statt.

Zur Jahresversammlung, die rund 100 Jahre nach der ersten regierungsrätlichen Verordnung zur Thurgauer Archäologie stattfindet, entstand mit Unterstützung des Lotteriefonds des Kantons ein Sonderheft der Zeitschrift Archäologie Schweiz, das unter dem Titel «Kulturland – der Thurgau und seine Archäologie» eine Zusammenfassung zum Thema in unserem Kanton gibt. Das Heft ist ab dem 18. Juni im Museum für Archäologie für zehn Franken erhältlich.

Thurgauisches Museum an der Freiestrasse 24 in Frauenfeld im Jahr 1930. Das Gebäude Freiestrasse 26, heute hauptsächlich Museum für Archäologie, war damals Gefängnis. Foto: Bestand Kanton Thurgau, Fotograf Walder.
Thurgauisches Museum an der Freiestrasse 24 in Frauenfeld im Jahr 1930. Das Gebäude Freiestrasse 26, heute hauptsächlich Museum für Archäologie, war damals Gefängnis. Foto: Bestand Kanton Thurgau, Fotograf Walder.
 

100 Jahre Archäologie im Thurgau

Der Grundsatz, dass archäologische Funde in den Besitz des Kantons fallen, stammt ursprünglich aus dem Begriff der «Allmende»wie er schon in der alten Eidgenossenschaft üblich war. So gehörten Bodenschätze stets der Allgemeinheit, die für deren Ausbeutung die Erlaubnis erteilte. Daraus entstand schon im 16. Jahrhundert der staatliche Anspruch auf «Altertümer» und «Naturkörper», der schliesslich im Schweizerischen Zivilgesetzbuch 1912 Eingang gefunden hat. Der Regierungsrat des Kanton Thurgau erliess dazu 1922, also vor hundert Jahren, eine wegweisende Verordnung.

Am 7. März 1922 wurde im Thurgau die Archäologie definitiv Sache des Kantons – dies als Folge der Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) im Jahre 1912, das den Kantonen die Rechte an «Altertümern und Naturkörpern» zuwies. Die vom Regierungsrat im März 1922 erlassene Verordnung kam nicht zufällig zu Stande. Es waren Kreise um den Historischen Verein und dessen Museumsgesellschaft, die für das in Einrichtung befindliche Museum in Frauenfeld (am Standort des heutigen Naturmuseums im sogenannten Luzernerhaus) sichere Grundlagen suchten und auf Ausführungsbestimmungen zum ZGB drängten. Allerdings: Betreiber des 1924 eröffneten Museums waren Private bezieungsweise Vereine und nicht der Staat Thurgau. Dies änderte sich erst im Jahr 1958, als die historische Sammlung mit der Ur- und Frühgeschichte neu im Schloss Frauenfeld eine Bleibe fanden und der Kanton die Museen übernahm. Damit wurde auch Karl Keller-Tarnuzzer, der seit etwa 1921 die ur- und frühgeschichtliche Sammlung betreut hatte, in den Staatsdienst übernommen – er hatte allerdings schon seit 1938 eine Teilzeitstelle als kantonaler Schulinspektor inne. Obwohl Keller-Tarnuzzer schon lange vorher als Kantonsarchäologe galt und als solcher wirkte, so wurde er es erst 1958, wenige Jahre vor seiner Pensionierung. Die 1922 erlassene Verordnung wirkte weiterhin und bildete sowohl für das Naturmuseum wie für die ur- und frühgeschichtliche Sammlung und die damit verbundene Archäologie bis in die 1990er Jahre die bestimmende gesetzliche Grundlage. Tatsächlich war die Verordnung in ihrer Knappheit praxistauglich. Sie regelte alles Wesentliche und muss als wegweisend angeschaut werden. Wenn man von der Sonderregelung für den Bezirk Arbon absieht (Arbon besass seit 1910 ein eigenes Museum), so lassen sich auch in den heutigen gesetzlichen Grundlagen einige Grundsätze wiederfinden: auch die Verordnung von 1922 setzte keine Zeitlimite bei den «Altertümern» und sie legte fest, dass Schäden durch Ausgrabungen zu vergüten seien – im Gegenzug müssen die Grabungen toleriert werden. Man wollte auch keinen Expertenstreit im Kanton und legte deshalb externe Gutachter für Entschädigungen fest. 

Die Verordnung von 1922 war lange die wichtigste gesetzliche Grundlage für die Erhaltung der archäologischen Quellen im Kanton. Zwar hatten der historische Verein und bisweilen auch die Regierung schon früher den Anspruch auf Bodenfunde erhoben, bis zum Erlass des Zivilgesetzbuches war es aber kaum möglich, privaten Ansprüchen zu begegnen. So hatten viele wichtigen Funde den Kanton verlassen und selbst das Landesmuseum war noch kurz vor 1912 auf Beutezug im Thurgau und brachte keltische Gräber aus dem Langdorf Frauenfeld in seinen Besitz. Damit war nun Schluss. Dass der Autodidakt Keller-Tarnuzzer schliesslich 1920 in Frauenfeld mit Archäologie anfing und bereits 1925 mit dem deutschen Hans Reinerth, dem Gründer des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen, eine Zusammenfassung aller der archäologischen Funde und Quellen des Thurgaus publizierte, verlieh der Verordnung Gewicht. Informationen zur Archäologie des Kantons waren nun allen zugänglich, was auch die Durchsetzung der Ansprüche wesentlich erleichterte.

Das Amt für Archäologie feiert 2022 weder den Anfang der Archäologie im Kanton noch sein eigenes Bestehen. Es möchte auf die Bedeutung eines an und für sich unspektakulären Erlasses hinweisen, der heute noch nachwirkt. Das für die Archäologie wichtige Natur- und Heimatschutzgesetz beziehungsweise die dazu gehörige Verordnung stammen aus den 1990er Jahren und es sind heute weitere kantonale, eidgenössische und sogar internationale Bestimmungen von Bedeutung. Mit der Verordnung wurde es aber 1922 schon möglich, Verantwortliche für die Bodenfunde zu benennen und Ausgrabungen durchzuführen. Deshalb waren in der Folge sowohl bei der Übernahme der Aufgabe durch den Kanton und schliesslich auch der Schaffung des Amtes für Archäologie 1983 keine Anpassungen nötig. Alleine die Sonderstellung von Arbon ergab früher Reibereien, die aber kaum negative Folgen hatten. Dass es zu Streitereien wegen Entschädigungen kam, ist auch nicht überliefert – die Schiedsrichterfunktion des Landesmuseums kam also nicht zum Tragen.

Aus juristischer Sicht und im Hinblick auf die Situation im Umgang mit Bodenfunden ist es deshalb durchaus richtig, in diesem Jahr 100 Jahre Archäologie im Thurgau als Jubiläum anzumerken. Seither verfügt der Thurgau über seine historischen Quellen aus dem Boden aktiv und eigenständig. Dank der Arbeit des Historischen Vereins und der Museumsgesellschaft beziehungsweise des von ihr unterstützten Konservators und Kantonsarchäologen begann diese bis heute fortgeführte Arbeit vor 100 Jahren, auch wenn für lange Jahre nicht der Kanton die Federführung hatte. Dass insbesondere der Regierungsrat und nach 1958 auch der Grosse Rat der Archäologie einige Mittel zur Verfügung stellten, hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Kanton Thurgau in der Bewahrung seines archäologischen Erbes heute solide dasteht.

Das Amt für Archäologie hat zu diesem Anlass die Schweizerische Gesellschaft für Archäologie (früher Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte) am 17. Juni 2022 zur Jahresversammlung nach Frauenfeld geladen – genau 25 Jahre nach deren letzter Tagung im Thurgau. Dazu erscheint ein Heft der Zeitschrift as.Archäologie Schweiz als Thurgauer Sonderheft unter dem Titel «Kulturland». Weiter findet am 17. Juni 2022 eine Tagung zu Forschungsgeschichte der Archäologie in der Schweiz statt. Als didaktisches Angebot für Schulen im Kanton steht das Archäomobil Ostschweiz zur Verfügung, dabei wird ein Teil der Kosten aus dem Walter-Enggist-Fonds des Amtes übernommen (www.archaeomobil.ch).