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Botschaft zum revidierten Polizeigesetz verabschiedet

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau hat zuhanden des Grossen Rates die Botschaft zum revidierten Polizeigesetz verabschiedet. Mit den Änderungen will der Regierungsrat aktuellen Entwicklungen und den Erwartungen an die Polizei Rechnung tragen. Insbesondere der Bedarf nach Prävention in verschiedenen Bereichen hat stark zugenommen.

Das aktuelle Polizeigesetz wurde am 9. November 2011 vom Grossen Rat verabschiedet und per 1. Juli 2012 in Kraft gesetzt. Seither haben sich die Gesellschaft und deren Erwartung an die Polizei verändert. Die zunehmende Digitalisierung und die damit einhergehende Veränderung der Kriminalität, aber auch die mit der Digitalisierung neu entstandenen Möglichkeiten für die Polizei sind durch das geltende Polizeigesetz nicht mehr ausreichend abgedeckt. Ausserdem hat sich die bundesgerichtliche Rechtsprechung weiterentwickelt, und es werden immer höhere Anforderungen an die gesetzlichen Grundlagen für einzelne Massnahmen gestellt. Folglich müssen diese präziser und detaillierter formuliert werden. Zudem hat der Grosse Rat im August 2020 die Motion «Straffreie Meldungen an die Polizei bei Gefährdungsverdacht» für teilweise erheblich erklärt. Damit wurde der Regierungsrat beauftragt, dem Grossen Rat bis spätestens am 11. August 2022 eine Revision des Polizeigesetzes zu unterbreiten. Daher hat der Regierungsrat im März 2022 eine Revision in eine externe Vernehmlassung gegeben, die Resultate ausgewertet und nun eine Botschaft zuhanden des Grossen Rates verabschiedet. 

Das Polizeigesetz bezeichnet die Aufgaben der Kantonspolizei, legt ihre Zuständigkeiten fest und schafft die Voraussetzungen für die Zusammenarbeit der Kantonspolizei mit Dritten. Insbesondere definiert das Polizeirecht polizeiliche Massnahmen zur Gefahrenabwehr wie auch präventive Massnahmen. Die präventiven Massnahmen sind mit der gesellschaftlichen Entwicklung gewachsen und werden zwischenzeitlich in vielen Bereichen zur Erkennung und Verhinderung von Straftaten eingesetzt. Die Kantonspolizei leistet auch im Bereich des Gewaltschutzes Präventionsarbeit. Insbesondere im Bereich der häuslichen Gewalt sowie bei der Früherkennung von Personen mit hohem Gefahrenpotential, was auch Hinweise auf einen Amoklauf oder Terroranschlag einschliesst, soll die Kantonspolizei eingreifen können, bevor etwas passiert. 

Heute verfolgen viel mehr polizeiliche Handlungen einen präventiven Ansatz. Die Umsetzung solcher polizeilichen Massnahmen verlangt oft nach Instrumenten, die auch einen Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Personen bedeuten. Dafür benötigt die Kantonspolizei eine gesetzliche Grundlage. Zudem ist die gerichtliche Überprüfung der polizeilichen Massnahme gesetzlich zu regeln. Die Kantonspolizei soll nicht nur tätig werden, wenn eine unmittelbare Gefahr droht, eine Störung vorliegt oder eine Straftat bereits passiert ist. Die Sicherheit der Bevölkerung ist Kern des Handelns der Kantonspolizei. So soll die Kantonspolizei auch im Vorfeld einer Straftat legitimiert sein, tätig zu werden und polizeiliche Massnahmen umzusetzen. Dazu muss sie teilweise über die gleichen Mittel und Kompetenzen verfügen, die ihr auch im strafprozessualen Bereich eingeräumt werden.

Alle Polizeigesetze in der Schweiz befinden sich derzeit in einem Wandel. Neue Formulierungen im vorliegenden Entwurf zur Änderung des Polizeigesetzes sind teilweise an Polizeigesetze anderer Kantone angelehnt oder enthalten Formulierungen, die in anderen Kantonen bereits in Kraft gesetzt sind. 

35 Rückmeldungen, einige Punkte wurden angepasst

Vom 10. März 2022 bis am 31. Mai 2022 wurde zum Entwurf für eine Änderung des Polizeigesetzes ein externes Vernehmlassungsverfahren durchgeführt. Insgesamt gingen 35 Stellungnahmen ein. Die Stossrichtung, der Prävention und dem Gewaltschutz mehr Gewicht einzuräumen, stiess im Grundsatz weitgehend auf Zustimmung. Der Entwurf wurde aber auch kritisiert. Der nun vorliegende Entwurf wurde gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf aufgrund der Rückmeldungen unter anderem in folgenden Punkten angepasst: Die vorgeschlagene Berechtigung der Kantonspolizei, einen privaten Sicherheitsdienst beizuziehen, soll nicht mehr sämtliche Aufgaben des polizeilichen Assistenzdienstes umfassen, sondern sich nur auf Polizeitransporte, Bewachungen und die Unterstützung in ausserordentlichen Lagen beschränken. Anstelle der vorgeschlagenen Pflicht der Gemeinden, im Rahmen des Bewilligungsverfahrens für Veranstaltungen für die Erstellung des Sicherheitsdispositivs die Kantonspolizei zu konsultieren, wird ein Konsultationsrecht der Gemeinden vorgeschlagen. Das vorgesehene Recht der Kantonspolizei, eine Person mit Fesseln zu sichern, soll dahingehend abgeändert werden, dass neu zusätzlich eine polizeilich als gefährlich bekannte Person mit Fesseln gesichert werden können soll. Die Möglichkeit, zum Schutz von Persönlichkeitsrechten oder bei Behinderung von Amtshandlungen Foto-, Video- sowie Audioaufnahmen von polizeilichen Tätigkeiten verbieten zu können, soll nun gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf dahingehend abgeändert werden, dass eine vorsorgliche Abnahme anlässlich von Amtshandlungen nur möglich ist, wenn das Gerät missbräuchlich verwendet wird.

Die vorliegende Revision des Polizeigesetzes hat im Vergleich zum aktuellen Gesetz für die Kantonspolizei keine finanziellen Konsequenzen. Die Vorlage wird allerdings zu Mehraufwendungen und Mehrkosten beim Zwangsmassnahmengericht führen.

Botschaft Polizeigesetz [pdf, 726 KB]