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Keine Staatshaftung bei Delikten von Wiederholungsstraftätern

Eine parlamentarische Initiative im Nationalrat verlangt, dass der Staat haften soll, wenn ein Täter im Rahmen einer Öffnung des Strafvollzugs (frühzeitige Entlassung oder Hafturlaub) eine Tat begeht. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau lehnt eine solche Neuerung entschieden ab, wie er in seiner Vernehmlassungsantwort an die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats schreibt. Die gesetzlich festgeschriebene Wiedereingliederung wird dadurch erschwert bis verunmöglicht, dies wiederum würde zu finanziellen Folgen für die Kantone führen.

Die parlamentarische Initiative will eine Staatshaftung einführen, die unabhängig von einem unerlaubten Handeln und einem Verschulden von Staatsangestellten besteht. Der Staat soll haften, wenn einem Täter eine Öffnung des Straf- oder Massnahmenvollzugs gewährt wurde und diese Person durch einen Rückfall einen Schaden verursacht. Auslöser für die Initiative waren die Tötungsdelikte einer 19-Jährigen im Kanton Waadt und eines Au-Pair-Mädchens im Kanton Aargau.

Der Regierungsrat lehnt die Initiative entschieden ab und schliesst sich in der Begründung der Ablehnung der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) an. Aus Sicht des Regierungsrates und der KKJPD zielt das Vorhaben im Kern auf eine Infragestellung der Idee der stufenweisen Wiedereingliederung, die das Bundesrecht zwingend vorschreibt. Zudem sei nicht ersichtlich, weshalb Opfer von Straftaten, die im Rahmen einer Vollzugsöffnung erfolgt seien, anders behandelt würden als Opfer von anderen Straftaten. Die vorgesehene Regelung würde zudem die problematische Tendenz der öffentlichen Wahrnehmung bestärken, wonach Behörden für Straftaten verantwortlich seien. Die Neuerung würde ausserdem dazu führen, dass in der Praxis künftig nur noch sehr wenig Vollzugsöffnungen bewilligt würden. Dies sei aber im Ergebnis kontraproduktiv, da Täter in Zukunft unvorbereitet aus der Haft entlassen würden, was das Risiko für künftige Straftaten jedoch erhöhen würde.

Der Regierungsrat macht im Weiteren darauf aufmerksam, dass schwere Rückfälle während Vollzugsöffnungen äusserst selten seien. Die Kantone und die forensische Psychiatrie hätten in den vergangenen Jahren grosse Anstrengungen unternommen, um die von verurteilten Personen ausgehenden Risiken besser erkennen und bearbeiten zu können. Trotzdem könne ein Rückfall nie mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden.

Schliesslich – so der Regierungsrat – sprächen auch die finanziellen Folgen, die wohl ausschliesslich zu Lasten der Kantone gehen würden, gegen die Ausweitung der Staatshaftung. Auch wenn es sich nur um wenige Fälle handeln dürfte, könnten die Kostenfolgen im Einzelfall beträchtlich sein.

Vernehmlassungsantwort Strafvollzugslockerung [pdf, 25 KB]