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Kinderrechte gelten überall

Was bedeutet die Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention für die Kinder in der Schweiz? In welcher Verantwortung stehen die Erwachsenen? Wie ist es möglich, die einzelnen Artikel aus der Kinderrechtskonvention im Alltag umzusetzen? Diese und weitere Fragen wurden am sechsten Netzwerktreffen der Verantwortlichen für die Kinder- und Jugendförderung im Lebensraum Thurgau diskutiert.

Über 130 Verantwortliche der Kinder- und Jugendförderung des Kantons Thurgau folgten der Einladung der Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen (KJF) des Kantons Thurgau (Pascal Mächler und Jasmin Gonzenbach-Katz) und trafen sich in Weinfelden. Der von Stefan Tittmann vom Ostschweizer Zentrum für Gemeinden der Fachhochschule St. Gallen moderierte Anlass regte die Teilnehmenden mit Fachreferaten, Praxisbeispielen und Workshops zu einem aktiven Austausch an.

Information und Sensibilisierung der Kinderrechte als Basis

Mona Meienberg des Schweizerischen Komitee der UNICEF zeigte die Situation der Kinderrechte in der Schweiz auf. Man mag der Schweiz einen hohen Standard zuordnen, doch es gibt auch hierzulande einiges zu beachten, damit die Umsetzung der Kinderrechte sowohl auf Bundesebene, wie auch auf kantonaler und kommunaler Ebene tatsächlich gelingt. Mit der Ratifizierung des internationalen Rechts in der Schweiz im Jahr 1997 fand ein Paradigmenwechsel statt: das Kind wurde vom Rechtsobjekt zu Rechtssubjekt, es wurde ein Träger von Rechten. Die Kinderrechtskonvention gilt für alle Kinder ab der Geburt bis zum 18. Lebensjahr und schliesst somit die Jugendlichen mit ein.

Mit der Ratifizierung verpflichtete sich der Staat für die Bekanntmachung der Kinderrechte, hier sieht Meienberg deutliches Verbesserungspotenzial. Denn überall, wo sich Kinder aufhalten, in der Familie, im Quartier, in der Schule, der Gemeinde oder in der Politik, gelten ihre Rechte. Dieses Bewusstsein gilt es zu stärken und hier sind die Erwachsenen in der Verantwortung, damit die Kinder die drei Grundpfeiler der Kinderrechte – Schutz, Förderung und Mitwirkung – erfahren. Mit dem Label «Kinderfreundliche Gemeinde» bietet die UNICEF hierzu eine ganzheitliche Unterstützung für die Umsetzung der Kinderrechte auf Gemeindeebene. Schweizweit tragen 36 Gemeinden dieses Label, im Kanton Thurgau sind es zwei. Die Fachstelle KJF bietet fachliche und finanzielle Unterstützung für interessierte Gemeinden im Kanton Thurgau. Auch kleine Gemeinden können von diesem Label profitieren, wie das Beispiel der Gemeinde Rüdlingen im Kanton Schaffhausen mit 751 Einwohnern zeigt.

Die Kinder werden in der Planung oft vergessen, findet Paul Stahlberg von der Gemeinde Schönenberg. Er nannte das Beispiel des Strassenverkehrs, in dessen Planung primär die Autos und die Sicherheit berücksichtigt werden und die Lebensqualität sowie die Sicht der Kinder vermehrt mitgedacht werden sollten.

Kinderrechte in Alltagsintegriert umsetzen

Dass die Anwendung und Umsetzung der Kinderrechte eine Querschnittaufgabe ist, verdeutlichten die verschiedenen Kurzreferate aus der Praxis. Hans Mäder, Gemeindepräsident von Eschlikon, schilderte, wie die Gemeinde die Kinderrechtskonvention und deren Grundfeiler (Schutz, Förderung, Partizipation) in ihrem Jugendkonzept verankerte. Welche Chancen die Umsetzung der Mitwirkung in einem Jugendtreff mit sich bringt, zeigte Jonathan Trüeb, Leiter der Fachstelle Offene Jugendarbeit Müllheim, auf. Jugendliche lernen durch Eigeninitiative, Verantwortung zu tragen und erfahren einen Raum für Selbstwirksamkeit (Art. 12 KRK).

Wie sorgfältig die KESB bei Abklärungen bei Kindswohlgefährdung vorgeht, führte Daniela Rütimann, Vizepräsidentin der KESB Kreuzlingen, aus. Bei einer Gefährdungsmeldung steht das Kindswohl (Art. 3 KRK) im Zentrum und dadurch auch weitere Artikel wie der Schutz vor jeglicher Gewalt (Art. 19 KRK), das Recht auf Meinungsäusserung des Kindes (Art. 12 KRK), das Recht, bei den Eltern zu leben (Art. 9 KRK) und dass die Pflege und Erziehung vorrangig durch die Eltern erfolgen soll (Art. 18 KRK). Dies führt dazu, dass Fremdplatzierungen möglichst vermieden werden und die Stärkung der Eltern – und nicht deren Ersatz – von zentraler Bedeutung ist.

Kinder konnten mitgestalten

Michael Praschnig, Schulsozialarbeiter der Primarschule Weinfelden, verdeutlichte den Mehrwert, der durch die Mitbestimmung der Kinder gewonnen wird. Auf Initiative von Eltern und in Zusammenarbeit mit der Schulleitung entstand in einem ersten Schritt eine Arbeitsgruppe. Für die Gestaltung des Aussenraumes des Schulhaus Elisabetha Hess bestimmten schliesslich die Kinder aus dem Kindergarten bis zur sechsten Klasse, was sie möchten. Sie zeichneten ihre Visionen des neuen Spielplatzes, bauten Modelle und packten in einer Projektwoche selber mit an. Eine Auswahl ergab, dass Bäume, Sträucher, Wasser und Klettermöglichkeiten beliebt sind. Das Resultat ist nun eine rege Nutzung aller Bereiche sowohl in der Schul- als auch in der Freizeit, was die Verantwortlichen und die Kinder natürlich freut.

Die Zusammenarbeit verschiedener Akteure ist ein erfolgsversprechender Faktor für die Umsetzung der Kinderrechte. So entstand in Romanshorn in Zusammenarbeit mit der Mütter- und Väterberatung der Perspektive Thurgau, der Ludothek Romanshorn und der Fachstelle Integration Romanshorn (Sibylle Hug) ein Anlass für Begegnung und Spiel am Tag der Rechte des Kindes (20. November), der in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal durchgeführt wird.

Kantonale Koordination zum 30-Jahr-Jubiläum

Auch im kommenden Jahr, in dem die UN-Kinderrechtskonvention ihr 30-Jahr-Jubiläum feiert, sollen Kinder zu ihren Rechten kommen. Deshalb vertieften die Teilnehmenden in Workshops, welche Aktivitäten sie rund um die Kinderrechte planen und schlossen sich zusammen. Denn zahlreiche Ideen bestehen bereits und werden umgesetzt, abschauen und Synergien nutzen lohnt sich – für Kinder und Erwachsene.

Personen oder Institutionen, die im Jahr 2019 Aktivitäten zu den Kinderrechten durchführen oder sich daran beteiligen möchten, können sich gerne mit der Fachstelle KJF, Pascal Mächler, in Verbindung setzen.

Ausblick 2019: Das siebte Netzwerktreffen der Verantwortlichen für die Kinder- und Jugendförderung im Lebensraum Thurgau findet am Tag der Kinderrechte, dem 20. November 2019, in Weinfelden statt.

Alle Unterlagen und Präsentationen zum Netzwerktreffen sind auf der Webseite der Fachstelle KJF www.kjf.tg.ch (Rubrik Netzwerktreffen/Veranstaltungen, Archiv) abrufbar.

Kantonale Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen (KJF)

Die Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen setzt sich dafür ein, die Rahmenbedingungen für Kinder, Jugendliche und Familien im Kanton Thurgau weiter zu verbessern. Dabei stehen das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen, der Schutz und die Förderung der Familie sowie die Anerkennung ihrer Leistungen im Vordergrund. Die Vernetzung und Koordination sowohl privater als auch staatlicher Angebote in diesen Bereichen gehören zu den Kernaufgaben der Fachstelle.

Ansprechperson:
Pascal Mächler, Leiter der Fachstelle für Kinder-, Jugend- und Familienfragen (KJF)
Regierungsgebäude, Zürcherstrasse 188, 8510 Frauenfeld
Telefon 058 345 57 61, E-Mail pascal.maechlerNULL@tg.ch, Homepage www.kjf.tg.ch

Mona Meinberger

Hans Mäder

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Netzwerktreffens diskutierten über das Thema Kinderrechte
Hans Mäder und Mona Meienberger hielten Referate, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten danach über das Thema Kinderrechte.