Direkt zum Inhalt springen
  • Drucken
  • Sitemap
  • Schriftgrösse
 

Sonderpädagogik: Ressourcen gezielter einsetzen

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau hat beschlossen, das sonderpädagogische Angebot des Kantons zu reorganisieren. Er verfolgt damit das Ziel, die in den letzten Jahren in diesem Bereich stark gewachsenen Strukturen zu straffen und die vorhandenen Ressourcen gezielter und effizienter zu nutzen. Erreicht werden soll dieses Ziel durch die Umsetzung verschiedener kurz-, mittel- und langfristiger Massnahmen. Kindern mit ausgewiesenen besonderen Bedürfnissen soll die notwendige Unterstützung aber selbstverständlich weiterhin vollumfänglich gewährt werden.

Sonderpädagogik: Ressourcen gezielter einsetzen

 

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau hat beschlossen, das sonderpädagogische Angebot des Kantons zu reorganisieren. Er verfolgt damit das Ziel, die in den letzten Jahren in diesem Bereich stark gewachsenen Strukturen zu straffen und die vorhandenen Ressourcen gezielter und effizienter zu nutzen. Erreicht werden soll dieses Ziel durch die Umsetzung verschiedener kurz-, mittel- und langfristiger Massnahmen. Kindern mit ausgewiesenen besonderen Bedürfnissen soll die notwendige Unterstützung aber selbstverständlich weiterhin vollumfänglich gewährt werden.

Der Bereich des sonderpädagogischen Angebots und dessen Nutzung hat in den letzten Jahren eine starke Ausweitung des Angebots, eine grosse Zunahme von Kindern mit besonderen Bedürfnissen und massive Kostensteigerungen erfahren. Angesichts der finanziellen Entwicklung einerseits und der Neuregelung des Finanzausgleichs des Bundes anderseits hat eine Expertengruppe dem Regierungsrat Vorschläge für eine Reform des sonderpädagogischen Angebots unterbreitet. Aufgrund dieser Vorschläge ist der Regierungsrat zum Schluss gekommen, dass eine Neuregelung des sonderpädagogischen Angebots zwingend sei. Die Kosten dürfen seiner Ansicht nach nicht weiter steigen, sondern sollten langfristig mit dem erwarteten Rückgang der Kinderzahl sinken. Er stellte aber ebenso fest, dass die Massnahmen nicht dazu führen dürfen, dass die Kinder mit besonderen Bedürfnissen nicht die angemessene Hilfe bekommen. Es geht ihm vielmehr darum, die bestehenden Ressourcen zielgerichteter, effizienter und nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen noch besser zu nutzen.

Das heute bestehende sonderpädagogische Angebot im Kanton Thurgau umfasst vielfältige Aspekte der Förderung und Unterstützung (siehe Kasten). Es ist sehr komplex und präsentiert sich trotz grosser Bemühungen zu verstärkter Koordination relativ heterogen. Es ist nicht einheitlich gewachsen, sondern wurde immer wieder anhand festgestellter Schwächen weiter entwickelt. Im Verlauf der Jahre hat sich nicht nur ein Wachstum beim Angebot ergeben, sondern auch bei der Zahl der Kinder, bei denen besondere Bedürfnisse festgestellt werden. Des Weiteren verlief die Entwicklung in den verschiedenen Schulgemeinden in einem Ausmass unterschiedlich, das nicht ohne weiteres erklärbar ist.

In den letzten Jahren haben die Kosten des ganzen Systems sowohl im Kanton Thurgau als auch in den anderen Kantonen massiv zugenommen. Allein im Sonderschulbereich sind die Kosten seit 1998 von 40 auf 52 Millionen Franken im Jahr 2003 gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von 30 Prozent. Wachsen sie ungebremst weiter, wird schon bald eine Angebotsgrösse erreicht sein, die nicht mehr zu finanzieren ist. Hinzu kommt, dass der Bund mit der Neuregelung des Finanzausgleichs sich aus der Finanzierung der sonderpädagogischen Massnahmen zurückzieht und damit auch die Finanzierung im Kanton überprüft werden muss.

Im Bericht der Expertengruppe wurden dem Regierungsrat eine Reihe von Massnahmen unterbreitet, welche kurz- und mittelfristig umgesetzt werden sollen und die in eine langfristige Entwicklung münden. Kurzfristig will der Regierungsrat eine Mengenbegrenzung im Förderbereich einführen, ebenso werden bei den Fördermassnahmen nur noch solche Massnahmen berücksichtigt, mit denen nachweislich eine Wirkung erzielt wird. Bis auf Weiteres werden weder neue Sonderklassen noch Einschulungsklassen bewilligt und die Bewilligung von neuen Stellen in Schulischer Heilpädagogik kann von Bedingungen abhängig gemacht werden. Im Weiteren werden Psychomotorik-Therapien nicht mehr anerkannt, weil es sich dabei nicht um schulische, sondern medizinische Interventionen handelt, die von den Krankenkassen zu finanzieren sind. Es wird ausserdem eine Reduktion der Sonderschulplätze in den Sprachheilschulen angestrebt, indem die Kinder vermehrt in den Schulgemeinden durch Fachleute ambulant behandelt werden sollen. Auch die Internatsplatzierungen in Sonderschulen will der Regierungsrat plafonieren und sie ebenfalls durch ambulante Besuche von Sonderschulen ersetzen.

Mittelfristig geht es unter anderem um Gesetzesanpassungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der NFA (Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen). Gemäss NFA sind die Kantone neu für die Organisation und den Unterhalt der Sonderschulung allein verantwortlich. Im Schulbereich ist beispielsweise die Finanzierung der besonderen Schulung, das heisst namentlich der Sonderschulen, der Therapien und der heilpädagogischen Früherziehung, neu zu ordnen. So sollen bei den Sonderschulen die Schulgemeinden als Entscheidträger in die Finanzierung eingebunden und die Zuständigkeiten neu und eindeutig geregelt werden. Allerdings betont der Regierungsrat, dass er mit diesem Schritt keine Sparübung auf dem Buckel der Gemeinden plant. Die heutigen Kostenanteile von Kanton und Gemeinden sollen in ihrer Gesamtheit nicht verändert werden.

Im Weiteren sollen Anreize geschaffen werden, welche die schulische Heilpädagogik gegenüber den Sonder- und Einführungsklassen fördert. Zudem soll ein Finanzierungsmodell realisiert werden, mit welchem hohe Integrationsleistungen honoriert werden. Integration von Schulkindern mit Lernbehinderungen ist die Zielsetzung der langfristigen Massnahmen. Dieser bereits eingeschlagene Weg soll nach Ansicht des Regierungsrates konsequent fortgeführt werden. So will er eine begleitete und unterstützte Unterrichtsentwicklung hin zu einer integrierten Schule als Entwicklungsschwerpunkt planen. Dies aus der Erkenntnis verschiedener Erfahrungen und Studien, dass es der integrativen Schule besser gelingt, alle Schülerinnen und Schüler angemessen zu fördern als der segregativen Schule, also ausserhalb der Regelschule. Indessen ist dem Regierungsrat klar, dass es auch in Zukunft schwer behinderte Kinder und Kinder mit schwerenVerhaltensstörungen geben wird, die nicht im Rahmen der Regelschule unterrichtet werden können.

Schliesslich hält der Regierungsrat fest, dass er gewillt ist, die Führung im Prozess zur Reorganisation des sonderpädagogischen Angebots wahrzunehmen, dass es aber ebenso seine feste Absicht ist, die Betroffenen, also vor allem die Lehrerschaft und die Behörden, in den Prozess einzubinden.

Das heutige sonderpädagogische Angebot im Überblick:

  • Heilpädagogische Früherziehung
  • Schulische Heilpädagogik
  • Einschulungsklassen
  • Sonderklassen
  • Pädagogisch-therapeutische Massnahmen
  • Stütz- und Fördermassnahmen
  • Angebote für Fremdsprachige
  • Begabtenförderung
  • Kriseninterventionsstelle
  • Sonderschulen
  • Behindertenintegration in einigen Gemeinden