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Psychopharmakaforschung in Münsterlingen wird aufgearbeitet

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau hat von der Projektskizze «Forschungs- und Buchprojekt Psychopharmakaforschung von Prof. Dr. Roland Kuhn in der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen» zustimmend Kenntnis genommen. Verfasst wurde die Skizze von Staatsarchivar André Salathé. Unter seinem Präsidium hat der Regierungsrat eine achtköpfige Projektgruppe eingesetzt. Diese wird ihrerseits ein Forschungsteam einsetzen, das eine allgemeinverständliche Buchpublikation von etwa 450 Seiten verfassen soll. Für das ganze Projekt wird mit Kosten von 750 000 Franken gerechnet.

Anlass und Hintergrund für die Aufarbeitung waren Vorwürfe, die in verschiedenen Medien gegen die Psychiatrische Klinik Münsterlingen und dessen ehemaligen Oberarzt und  Direktor Prof. Dr. Roland Kuhn erhoben wurden. Kuhn soll in den 1950er bis 1970er Jahren Patienten mit nicht zugelassenen Medikamenten behandelt haben. Durch den Vorwurf  kam dessen gesamte Psychopharmakaforschung in Münsterlingen unter Beschuss. Das in der Folge dem Staatsarchiv überlassene Material der Nachlässe von Prof. Dr. Roland Kuhn und dessen Gattin Dr. Verena Kuhn-Gebhart wurde in der Zwischenzeit archivarisch bearbeitet.

Die Projektskizze, die dem Forschungsteam als Grundlage dienen soll, beschreibt im ersten Kapitel den Hergang der Medienkampagne. Das zweite Kapitel gibt Aufschluss über die Bestände des Staatsarchivs im Zusammenhang mit der Psychopharmakaforschung in Münsterlingen. Im dritten Kapitel wird der Zeithorizont für die Forschung auf die 1940er bis in die 1970er Jahre festgelegt. Kapitel vier entwickelt Fragestellungen zum Umfang und zur Durchführung der klinischen Psychopharmakaforschung in Münsterlingen, zur Verantwortlichkeit der vorgesetzten Behörden und der pharmazeutischen Industrie. Im Kapitel fünf werden verschiedene Bezüge im weiteren Sinn des zu behandelnden Themas aufgelistet wie beispielsweise «Die Machtlosigkeit der Psychiatrie vor 1950», «Die Antipsychiatrie» oder «Der Alltag in der Klinik».

Die Aufgabe, die zu bewältigen  ist, setzt allgemein- und medizinhistorisches, pharmakologisch-chemisches, psychiatrisch-medizinisches, juristisches und ethisches Fachwissen voraus und kann nur von einem Team geleistet werden. Ziel sind die wissenschaftlich fundierte Untersuchung der Münsterlinger Medikamentenforschung und ihre Kontextualisierung sowie die allgemeinverständliche Darstellung der Forschungsresultate in einer Buchpublikation. Der Arbeitsaufwand wird auf vier Personenjahre geschätzt. Das Projekt soll in den Jahren 2015 bis 2018 realisiert werden.  Die Projektkosten von 750 000 Franken gehen zulasten des Lotteriefonds des Kantons Thurgau.

Als Projektgruppe wird eingesetzt:

  • André Salathé, lic. phil., Staatsarchivar des Kantons Thurgau, Frauenfeld (Präsident)
  • Prof. Dr. phil. Monika Dommann, Universität Zürich, Professorin für Geschichte der Neuzeit, Zürich
  • Prof. Dr. med. et pharm. Stephan Krähenbühl, Universität Basel, Prof. für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Basel
  • Prof. Dr. med. Daniel Hell, Universität Zürich, em. Prof. für Klinische Psychiatrie und Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, Erlenbach ZH
  • Prof. Dr. iur. Thomas Geiser, Universität St. Gallen, Prof. für Privat- und Handelsrecht, St. Gallen
  • Martha Monstein, lic. phil., Chefin des Kulturamts des Kantons Thurgau, Frauenfeld
  • Dr. phil. nat. Rainer Andenmatten, Präsident der Ethikkommission des Kantons Thurgau, Scherzingen
  • Andreas Keller, lic. iur., Generalsekretär des Departementes für Inneres und Volkswirtschaft, Frauenfeld