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USR III im Thurgau: wettbewerbsfähig, finanzierbar und fair umsetzen

Mit einer Anpassung des Steuergesetzes muss der Thurgau wie alle Kantone die Unternehmenssteuerreform III (USR III) umsetzen. Mit einer Steuersatzsenkung für Unternehmen soll die Umsetzung nach Ansicht des Regierungsrates attraktiv und einfach erfolgen und zudem die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhalten. Im Weiteren sollen die voraussichtlichen Nettosteuerausfälle von rund 36 Mio. Franken finanzierbar sein und fair verteilt werden. Um die Ausfälle bei den Politischen Gemeinden zu einem wesentlichen Teil kompensieren zu können, schlägt der Regierungsrat eine Anpassung des Krankenversicherungsgesetzes vor, mit der die Gemeinden bei der Spitex entlastet werden. Beide Gesetzesvorlagen schickt der Regierungsrat nun in eine breite Vernehmlassung.

Wie in anderen Kantonen profitieren im Thurgau juristische Personen, also Unternehmen, von gewissen Steuerprivilegien. Unter dem Druck der EU und der OECD musste sich die Schweiz dazu bereit erklären, diese Privilegien abzuschaffen. Mit der sogenannten Unternehmenssteuerreform III (USR III) will der Bund nun verhindern, dass die betroffenen Unternehmen ins Ausland abwandern. Der Bund schlägt dazu mehrere Massnahmen vor, die auf Stufe der Kantone fakultativ umgesetzt werden können.

Für die Umsetzung muss im Kanton Thurgau das Steuergesetz geändert werden. Der Regierungsrat schickt seinen Entwurf nun in eine breite Vernehmlassung. «Wir wollen die USR III attraktiv, wettbewerbsfähig und einfach umsetzen. Ausserdem sollte die Reform für den Kanton und die anderen Körperschaften finanzierbar und fair sein», sagte Finanzdirektor Jakob Stark an einer Medienkonferenz.

Gesamtbelastung sinkt um drei Prozentpunkte

Die wichtigste Massnahme, die der Kanton Thurgau als Folge der USR III vorsieht, ist die Reduktion des Gewinnsteuersatzes von heute 4 auf neu 2,5 Prozent. Damit würde sich die Gesamtbelastung für Unternehmen im Kantonshauptort von heute 16,4 auf neu 13,4 Prozent reduzieren. Diese Reduktion erachtet der Regierungsrat als notwendig, um interkantonal und international in der Steuerbelastung wettbewerbsfähig zu bleiben. Zudem soll die Kapitalsteuer von 0,3 auf 0,15 Promille gesenkt werden.

Die vom Bund für die Kantone zwingend vorgeschriebene Patentbox will der Regierungsrat relativ unattraktiv ausgestalten, weil davon nur wenige profitieren können und der administrative Aufwand sowohl für die Unternehmen als auch die Steuerbehörden sehr gross wäre. Mit der Patentbox sollen Erträge aus Patenten und anderen Rechten reduziert besteuert werden. Sowohl auf die Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer als auch einer steuerlichen Begünstigung von Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen soll im Thurgau vorerst verzichtet werden. Als weitere Massnahme soll die Begrenzung der steuerlichen Entlastungen auf maximal 70 Prozent des steuerbaren Gewinns festgelegt und somit eine minimale Besteuerung sichergestellt werden. Zudem soll als Gegenfinanzierung die Teilbesteuerung von Dividendenerträgen von 60 auf 70 Prozent erhöht werden.

Spitex: Regierungsrat will Gemeinden entlasten

Die verschiedenen Massnahmen der USR III führen sowohl beim Kanton als auch bei den Gemeinden zu massiven Steuerausfällen. Sie belaufen sich netto auf rund 35,8 Mio. Franken. Dem gegenüber steht ein Mehrertrag von 16 Mio. Franken durch einen höheren Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer. Diesen Betrag will der Regierungsrat anteilmässig auf den Kanton und die Gemeinden verteilen, um die Ausfälle bei den Gemeinden durch die USR III kompensieren zu können. Konkret sieht der Regierungsrat vor, die Politischen Gemeinden mit einer Änderung des Krankenversicherungsgesetzes bei der Spitex zu entlasten.

Der Regierungsrat schlägt vor, die Gemeinden bei ihrem Anteil an der Restfinanzierung der stationären Krankenpflege (Pflegeheime) zu entlasten, wenn ihre Spitex-Ausgaben wachsen oder über dem Durchschnitt liegen. Ausserdem will der Regierungsrat einen tiefen Grundbeitrag für sämtliche Spitex-Leistungsstunden einführen. Dieser Beitrag soll in den kommenden 14 Jahren im Rahmen der Umsetzung der Pflegeheimplanung kontinuierlich so erhöht werden, damit die finanziellen Vor- und Nachteile der Pflegeheimplanung 2030 gleichmässig auf Kanton und Gemeinden verteilt werden. Denn mit der Pflegeheimplanung 2030 kann die Schaffung von Pflegeheimplätzen gebremst werden, indem mehr Menschen länger zuhause bleiben können, wodurch mehr Spitex-Leistungen beansprucht werden. Überdies sieht der Regierungsrat vor, den Schulgemeinden über den Finanzausgleich unter die Arme zu greifen. Um auch die Kirchgemeinden zu entlasten, besteht keine rechtliche Grundlage.

Kinderzulagen sollen erhöht werden

Da die Unternehmen im Kanton Thurgau durch die USR III deutlich entlastet werden sollen, beabsichtigt der Regierungsrat im Gegenzug, die Kinderzulagen auf monatlich 250 Franken zu erhöhen und diese durch eine höhere Beteiligung der Arbeitgeber zu finanzieren.

Alle Massnahmen im Zusammenhang mit der USR III stehen unter dem Vorbehalt, dass das Schweizer Stimmvolk bei einem allfälligen Zustandekommen des Referendums gegen die Vorlage dieser zustimmt. Die Vernehmlassungen zu den beiden Gesetzesentwürfen dauert bis 15. Dezember 2016. Einbezogen werden die im Grossen Rat vertretenen Parteien, die Politischen Gemeinden, verschiedene Verbände sowie kantonale Amtsstellen. Die Inkraftsetzung der revidierten Gesetze soll per 1. Januar 2019 erfolgen.

Jakob Rütsche, Chef Steuerverwaltung; Regierungsrat Jakob Stark; Ursula Leu, Fachexpertin Amt für Gesundheit; Urs Meierhans, Chef Finanzverwaltung
Sie präsentierten die beiden Vernehmlassungsvorlagen (v.l.): Jakob Rütsche, Chef Steuerverwaltung; Regierungsrat Jakob Stark; Ursula Leu, Fachexpertin Amt für Gesundheit; Urs Meierhans, Chef Finanzverwaltung.