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Häusliche Gewalt: Mehr Handlungsspielraum für die Polizei

Der Regierungsrat hat das Departement für Justiz und Sicherheit ermächtigt, eine Vernehmlassung zur Änderung des Polizeigesetzes durchzuführen. Zukünftig sollen die Polizeiorgane auch im Kanton Thurgau bei Fällen von häuslicher Gewalt sofort ein gesetzliches Wegweisungsrecht und Rückkehrverbot aussprechen können.

Ausgehend von einer mit 109 zu 0 Stimmen im Grossen Rat für erheblich erklärten Motion (25. August 2004) hat der Regierungsrat das Departement für Justiz und Sicherheit (DJS) beauftragt, eine Änderung des Polizeigesetzes zu erarbeiten. Ziel der Vorlage ist es, die gesetzlichen Grundlagen für erweiterte Befugnisse für die Polizei zu schaffen, damit im Falle von häuslicher Gewalt gegen den Täter mit einem sofortigen   Wegweisungsrecht sowie einem Rückkehrverbot reagiert werden kann. Die polizeilichen Interventionsmassnahmen dienen dem unmittelbaren Schutz der Opfer und stellen eine Vorstufe dar, bis zivilrechtliche Schutzmassnahmen erfolgen. Ziel ist es, eine akute Konfliktsituation zu entschärfen und eine Eskalation der Gewalt zu verhindern.

Häusliche Gewalt gehört auch in der Schweiz zum Alltag. Gemäss einer Nationalfondsstudie kommt häusliche Gewalt in schwerwiegender Form in jeder zehnten Familie vor. Gemäss einer Statistik der Fachstelle für Häusliche Gewalt (FHG) wurden im Thurgau im ersten Halbjahr 2005 385 polizeiliche Interventionen dieser Art registriert. Gemäss FHG-Statistik (2004) handelte es sich bei den Opfern in 80 Prozent der Fälle um Frauen. Elf Prozent der Opferpersonen waren Männer, neun Prozent Kinder. Bereits im Januar 2003 haben St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden als erste Kantone polizeiliche Massnahmen gegen häusliche Gewalt in Kraft gesetzt. Die bisherigen Erfahrungen, insbesondere die klare Handlungsmöglichkeit der Polizei, werden als positiv bewertet.

Durch eine Ergänzung des Polizeigesetzes soll es der Polizei künftig auch im Thurgau möglich sein, eine Person, «die eine andere ernsthaft und unmittelbar gefährdet oder bedroht», unter Strafandrohung aus der Wohnung und der unmittelbaren Umgebung wegzuweisen, die Schlüssel abzunehmen und die Rückkehr zu verbieten. Die polizeilichen Anordnungen gelten in der Regel für die Dauer von zehn Tagen, im Wiederholungsfalle für zwanzig Tage. Bei weiterer Gefährdung kann die Polizei die Anordnung um zehn Tage verlängern. Sind Kinder bei häuslicher Gewalt gefährdet, ist die Polizei im Notfall berechtigt, diese bis zum Entscheid der zuständigen Vormundschaftsbehörde zu platzieren.

Die Polizei rechnet bei 800 jährlichen Interventionen mit rund 120 Wegweisungen. Die Kosten dafür werden auf insgesamt rund 450 000 Franken beziffert. Knapp 200 000 Franken davon würden zusätzlich durch die Nachbearbeitung der Wegweisungen anfallen. Dazu kommen voraussichtlich weitere Aufwendungen für Leistungen von Beratungsstellen, an die sich Opfer und Täter gemäss zu erwartendem Bundesrecht richten sollten.

Bis Mitte Juni wird das Departement für Justiz und Sicherheit bei den im Grossen Rat vertretenen Parteien, beim VTG, dem thurgauischen Anwaltsverband, beim Verwaltungs- und Obergericht sowie bei verwaltungsinternen Stellen eine Vernehmlassung durchführen.

Entwurf Polizeigesetz.pdf  [PDF, 97.0 KB]

Erlaeuterungen Polizeigesetzes.pdf  [PDF, 2.00 MB]