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«Seit 35 Jahren lässt er uns mit seinem Tun keine Ruhe»

Im Rahmen einer würdigen Feier wurde am Mittwochabend dem Multimediakünstler Christoph Rütimann in der Kartause Ittingen der Thurgauer Kulturpreis 2016 übergeben. Mit Rütimann ehrt der Kanton Thurgau einen sehr vielseitigen Künstler, dessen Schaffen von Performances über Klang-, Text-, Foto- und Videoarbeiten bis zu klassischen Ausdrucksmitteln wie Zeichnung, Malerei und Skulptur reicht. Diesen Mann und seine breite künstlerische Tätigkeit würdigte Beat Wismer aus Düsseldorf in seiner Laudatio.

Die Linie zieht sich als bestimmendes Element durch das Werk von Christoph Rüti-mann, erläuterte Regierungspräsidentin Monika Knill in ihrer Begrüssung. Und auch der Laudator wies unter anderem mit einem Ausstellungstitel «Die Linie im Kopf» darauf hin. Eine dritte Person, ein Mann in schwarz gekleidet, aus Wien angereist, mit einem Hut weit ins Gesicht gezogen, einem roten Schal und buschigem Seehundeschnauz, der völlig unprogrammgemäss vor das Publikum im Museumskeller trat, auch er widmete sich dem Thema Linie. Von einem gewissen Herr Liliom, einem Wiener Karussellbetreiber, brachte er dem Preisträger Sätze von verschiedenen Autorinnen und Autoren über das Phänomen Linie mit. Sätze wie «Der Uniformierte nickt dir aufmunternd zu, und du hebst den Fuss; weiter hinten verliert sich die aufgemalte Linie im Dunkeln.» Der Mann in schwarz stellte sich als der Regisseur und Schauspieler Peter Schweiger heraus. Das war die eine Überraschung des kurzweiligen Abends, die andere lieferte der Geehrte selber, indem er zusammen mit dem Trio Kimmig-Studer-Zimmerlin auf die Bühne trat und ein weiteres, sein musikalisches Talent unter Beweis stellte. Er entlockte dabei zwei Kakteen ganz ungewohnte Töne und versetzte dabei das Publikum in grosses Staunen. Und für den letzten grossen Lacher sorgte der Preisträger auch gleich selber, als er ganz am Schluss der Regierungspräsidentin und dem Laudator eine hölzerne «Ostschweizer Kulturkeule» überreichte. Diese sei ein Abfallprodukt der Obstkultur und sie ziehe ihre Effizienz aus der Nichtbenutzung als Werkzeug. Sie sei Instrument der Phantasie der Besitzer.

Im Zentrum aber stand die Laudatio von Beat Wismer, einem langjährigen künstleri-schen Weggefährten von Christoph Rütimann und heutigem Generaldirektor der Stif-tung Museum Kunstpalast in Düsseldorf. Er freute sich nicht nur, die Laudatio halten zu dürfen: «Vor allem freuen wir uns, dass Christoph Rütimann für seine nun 40 Jahre andauernde permanente Auseinandersetzung mit der Kunst geehrt wird – nein, die Formulierung ist falsch: für seine andauernde Auseinandersetzung als Künstler mit der Wirklichkeit, die natürlich wiederum von der Auseinandersetzung mit der Kunst nicht zu trennen ist.» Zum Schluss bemerkte er: «Vor allem danke ich ihm, dass er uns mit all seinem Tun seit nunmehr über 35 Jahren keine Ruhe lässt und unsere vorgefasste Meinung immer wieder irritiert und kontaminiert und also herausfordert.»

Er würdigte den Künstler für seine Unbedingtheit des Tuns und die Unerbittlichkeit seiner Ansprüche an die Kunst. Diese Ansprüche stelle er sowohl an sich selbst als auch an diejenigen, die sich als Ausstellungsbesucher auf seine Kunst einlassen und schliesslich auch an diejenigen, die sich professionell mit Kunst beschäftigen.

Der Laudator ging auch auf das breite Schaffen des Preisträgers ein. Er dürfe ohne Einschränkung als Protagonist der Performancekunst gelten, ebenso wie als Installati-onskünstler, sagte er und fügte an, dass Rütimann für ihn zu den ganz wichtigen Zeichnern gehöre: «In diesem traditionellen Medium gehört er für mich zu den ganz grossen Schweizer Künstlern.» Seine Zeichnungen teilten eine grosse Gemeinsamkeit mit den Performances und Installationen. Sie seien ein Mittel der Verortung und der Vermessung. Er bezeichnete den Künstler als eine Art Landvermesser, der unsere Position in der Welt untersuche, diese aber auch ins Wanken und aus dem Lot bringe, auf dass wir uns nicht in falscher Sicherheit wähnten. Er schloss mit dem Fazit: ein guter Preis für einen verdienten Preisträger.

 

Regierungspräsidentin Monika Knill mit Christoph Rütimann, dem Preisträger des Thurgauer Kulturpreises 2016, der mit 20 000 Franken dotiert ist.

 


Der Preisträger schenkt Regierungspräsidentin Monika Knill und dem Laudator Beat Wismer je eine «Ostschweizer Kulturkeule».

 

Christoph Rütimann «musiziert» auf zwei Kakteen zusammen mit dem Trio Kimmig-Studer-Zimmerlin.

 

Der Mann in schwarz aus Wien (Peter Schweiger) trägt Sätze über das Phänomen der Linie vor.