Das Feuer lodert hoch vor den Toren der freien Reichsstadt Konstanz. In Flammen steht kein Verbrecher, sondern ein Theologieprofessor. Jan Hus hat gegen die kirchliche Tradition gepredigt, gegen den Ablass, für den Laienkelch und die Ehe der Priester. Der Widerstand der Mächtigen von damals gegen alle Reformversuche lässt sich besonders augenfällig an dieser Hinrichtung erkennen. Sie ist ein Symbol einer nicht nur für den Thurgau brandgefährlichen Zeit.

Bedeutungsvolle Chronik

Ab heute ist im Schloss Frauenfeld für kurze Zeit jene Seite aus der illustrierten Chronik von Ulrich Richental aufgeschlagen, auf welcher der grauenhaft lodernde Theologe Jan Hus zu sehen ist. Bei der Richental-Chronik handelt es sich um einen detailreichen Erlebnisbericht, welcher das bunte Treiben tausender internationaler Gäste im Konstanz der Jahre 1414 bis 1418 anschaulich dokumentiert. Die Präsentation dieser berühmten Chronik basiert auf einer Zusammenarbeit zwischen dem Historischen Museum Thurgau und der Kantonsbibliothek, der dieses einzigartige Stück aus dem Spätmittelalter gehört. 

«Zwing & Zwang» im Schloss

Und man kann es kaum glauben: Rund ein Jahrhundert nach dem Feuertod von Jan Hus steht mit Martin Luther erneut ein gelehrter Theologe im Kreuzfeuer, aus ähnlichen Gründen. Beide Verfahren sind kennzeichnend für die grosse Zeitenwende um 1500. Die Turbulenzen im Zeitbogen zwischen Konstanzer Konzil und Reformation sind Thema der Schlossausstellung und des lehrreich-unterhaltsamen Rahmenprogramms im Historischen Museum Thurgau unter dem Titel «Zwing & Zwang».

Die reich illustrierte Richental-Chronik zählt zu den bedeutsamsten Quellen aus der Zeit des Konstanzer Konzils.