Die in den vergangenen Jahren stetig zunehmenden Zuweisungen und die damit verbundene Überfüllung der psychiatrischen Einrichtungen haben dazu geführt, dass die verantwortlichen Stellen sich grundsätzliche Überlegungen zur Lösung dieses Problems gemacht haben. Mit Beschluss des Regierungsrates vom April dieses Jahres wurde das Departement für Finanzen und Soziales ermächtigt, ein Umsetzungskonzept für den Aufbau von Tageskliniken im Bereich der psychiatrischen Versorgung der Thurgauer Bevölkerung erstellen zu lassen.

Für die Erarbeitung dieses Konzepts sind vom Regierungsrat mehrere Rahmenbedingungen festgelegt worden. Oberstes Ziel der Tageskliniken muss eine Stabilisierung der stationären Pflegetage auf dem Niveau von 2004 und ein Rückgang der Klinikeintritte sein. Das Pilotprojekt soll auf zwei Jahre beschränkt sein und in bestehenden Institutionen realisiert werden. Die Umsetzung hat kostenneutral zu erfolgen, wobei ein Finanzierungskonzept die finanziellen Auswirkungen aufzeigen soll. Im Weiteren muss das Umsetzungskonzept sicherstellen, dass es sich bei einer Tagesklinik nicht um ein zusätzliches psychiatrischen Angebot handelt, sondern um eine Alternative zur stationären Behandlung.

Auf dieser Basis haben sowohl die Psychiatrischen Dienste Thurgau für die Psychiatrische Klinik Münsterlingen als auch die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Littenheid ein Konzept für eine Tagesklinik in ihren Betrieben erarbeitet. Somit kommen zwei Modelle zur parallelen Pilotphase zur Ausführung. Damit wird den infrastrukturellen und zeitlichen Möglichkeiten der Standorte Rechnung getragen. Die Modelle unterscheiden sich ausserdem durch die Art der Tagesklinik, was zusätzliche Aussagen in der Pilotphase erlaubt.

Bei den Psychiatrischen Diensten Thurgau handelt es sich um eine Vorschalt-Tagesklinik für Patientinnen und Patienten, die wohl einer stationären Behandlung bedürfen, jedoch am Wochenende und in der Nacht zuhause leben können. Von einer solchen Institution können Patienten aller Diagnosen und jedes Alters profitieren, die einen vollstätionären Aufenthalt vermeiden wollen, die eine Wohnung oder zumindest eine Unterkunft haben, die ihre Abende und Wochenende selbst gestalten können und die eine intensive psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung benötigen. Das therapeutische Angebot beinhaltet eine klare Tagesstruktur, einzel- und gruppentherapeutische Arbeit, Bezugspersonenarbeit und regelmässige Standortgespräche. Ergänzt wird das psychosoziale Angebot durch Massnahmen zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit. Die Tagesklinik wird einen hohen Grad der Autonomie insbesondere der Versorgung und Organisation der Einrichtung erhalten. Voraussichtlich werden auch spezielle Angebote wie Sprachkurse und im Bereich des Sports angeboten. Mit rund 40 Tagen wird mit einer leicht längeren Aufenthaltsdauer als im stationären Bereich gerechnet. Die Tagesklinik ist an Werktagen von 9 bis 16 Uhr offen. Sie wird in der Station Orbit in Kreuzlingen umgesetzt werden und 20 Behandlungsplätze anbieten.

Die Tagesklinik Littenheid befindet sich auf dem Areal der Klinik Littenheid. Sie umfasst 10 bis 12 Plätze ist sowohl als sogenannte vorgelagerte Versorgung zur Vermeidung von stationären Behandlungen als auch als nachgelagerte Behandlung für die Vorbereitung des Übergangs von der Klinik in den Alltag vorgesehen. Der Aufbau dieser Tagesklinik erfolgt schrittweise, eine Vollbelegung soll innerhalb eines Jahres erreicht werden. Auch in Littenheid werden Patienten mit allen psychiatrischen Diagnosen berücksichtigt. Eine gesicherte Wohnsituation ist allerdings auch dort Voraussetzung für eine tagesklinische Behandlung, die wenige Tage bis mehrere Wochen und Monate dauern kann. Das therapeutische Angebot ist sehr breit und umfasst je nach Störung Einzeltherapie, Bezugspersonenarbeit, Gruppentherapie, Beschäftigung, Mal-, Gestaltungs- und Bewegungstherapie, sowie medikamentöse Behandlung, Familiengespräche und ähnliches. Die Öffnungszeiten sind die gleichen wie in Münsterlingen.

Um gesicherte Ergebnisse zu erhalten, wird der Pilot in beiden Kliniken im Vollbetrieb mindestens zwei Jahre dauern. Mit den Vorbereitungen und Auswertungen wird sich die Pilotphase über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren erstrecken.